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Außergewöhnliche Gehbehinderung bei schwerstgradigem Autismus

Arzt, Patient & Behinderung 4. Mai 2020
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tolikoff2013 / stock.adobe.com

Das Merkzeichen aG kann bei einer Hirnleistungsschwäche durch Autismus zuerkannt werden, wenn der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung nicht selbstständig und zielgerichtet gehen kann, sondern in einem Reha-Buggy befördert werden muss.

Ein 2013 geborener Junge leidet an einem sehr stark ausgeprägtem Autismussyndrom. Er ist weder in der Lage, Handlungen zu planen, noch sie allein durchzuführen. Auch kann er keine Gefahren abschätzen und sich nicht selbst orientieren. Er muss daher ständig beaufsichtigt werden. Eine erwachsene Person allein kann ihn praktisch nicht festhalten. Daher beantragt er die Feststellung des Merkzeichens aG für »außergewöhnliche Gehbehinderung«, was jedoch abgelehnt wurde.

Das Sozialgericht Gießen entschied jedoch, ihm ist das Merkzeichen aG zuzuerkennen. Zwar ist der Kläger rein physisch in der Lage, zu gehen.

Aber nach Ansicht des Gerichts führt seine mentale Beeinträchtigung zu einer entsprechenden Gehbehinderung. So kann er nicht einmal mit der Hilfe einer Begleitperson selbständig und zielgerichtet auch nur eine kleine Strecke zurücklegen. Die Begleitperson muss jederzeit damit rechnen, dass er sich von ihr losreißt, wegläuft oder sogar in einem impulsiven/aggressivem Ausbruch auf die Begleitperson oder Dritte losgeht.

SG Gießen, Urteil vom 30.1.2020, S 16 SB 110/17